LGBT*IQ-Polizeibedienstete empfinden ihre sexuelle und geschlechtliche Identität als Makel, den sie durch außergewöhnliche Leistungen auszugleichen versuchen. Ergebnisse einer Studie.

Mitglieder von Minderheitengruppen machen Exklusionserfahrungen in der Form, dass sie durch die Mehrheit als nicht dazugehörig gerahmt und ausgeschlossen werden. Diese in der Soziologie als „Othering“ bezeichneten Prozesse kann man auch in der Polizei feststellen. LGBT*IQ-Polizeibedienstete machen solche Diskriminierungserfahrungen und empfinden ihre sexuelle und geschlechtliche Identität als „Makel“, welches sie durch außergewöhnliche Leistung auszugleichen versuchen. Das kann zu Burn-Out und zu zerrütteten und problematischen Beziehungen bei der Arbeit aber auch im Privatleben führen.

Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschaftlerinnen Dr. Verena Molitor und Prof. Dr. Tatiana Zimenkova in einer Studie1, für die sie LGBT*IQ-Polizeibedienstete in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Brandenburg und der Bundespolizei interviewt haben. Die Interviewpartner*innen kamen aus allen Bereichen der Polizei, darunter Streifenpolizei, Bereitschaftspolizei, Polizeisondereinheiten, Kriminalpolizei, Lehrer*innen an Polizeischulen sowie leitende Beamt*innen.

„Man muss nur richtig gut sein, dann ist es egal, dass man schwul ist.“

anonym, Studienteilnehmer

Außer den straf- und disziplinarrechtlich verfolgbaren Diskriminierungen erfahren LGBT*IQ-Polizist*innen auch subtilere Formen der Ausgrenzung wie z. B. sexistische Äußerungen, der Verweigerung der Übernahme der Schicht im Streifenwagen mit einem schwulen Kollegen aber auch die in allen Interviews allgegenwärtige Erwartung der Diskriminierung, welche sich nach dem Minderheitenstressmodell2 genau wie vollzogene Diskriminierung negativ auf die psychische und physische Gesundheit auswirken kann.

Die Interviewpartner*innen in der Studie fanden weder institionell noch individuell eine andere Lösung, als durch Leistung das „Anderssein“ zu überwinden. Diesen empfundenen „Makel“ können sie allerdings nicht überwinden, da sie ihre sexuelle und geschlechtliche Identität nicht ändern können. Somit stoppt das Überwinden nie.

Die Autorinnen der Studie haben die Ergebnisse ihrer Studie auch in der Ausgabe 02/21 des Magazins der Gewerkschaft der Polizei (Auszug, PDF, 1867 KB) veröffentlicht und nehmen als Lösung vor allem die Vorgesetzten in die Pflicht und schlagen Interventationsmaßnahmen wie Weiterbildung, Gespräche im Kolleg*innenkreis oder Beratung vor, um ein Umfeld zu schaffen, in dem Leistung intrinsisch motiviert ist und nicht als Antidiskriminierungsstrategie verwendet wird.

Originalmanuskript von Dr. Verena Molitor und Prof. Dr. Tatiana Zimenkova (PDF, 159 KB)

1 Molitor V, Zimenkova T. Loyalität, Overperforming und aufgezwungene Expertise: LSBTQ* – Identitäten und Arbeitsalltag in der Polizei. In: Seeliger M, Gruhlich J, eds. Intersektionalität, Arbeit und Organisation. Arbeitsgesellschaft im Wandel . Weinheim: Beltz Juventa; 2019: 210.

2 Meyer, I. H. (2003). Prejudice, social stress, and mental health in lesbian, gay, and bisexual populations: Conceptual issues and research evidence. Psychological Bulletin, 129, 674-697.

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